… und legt auf.
Dieser Text ist frei erfunden. Sollten einzelne Passagen erlebten Ereignissen gleichen, ist das bloßer Zufall.
Dr. B.: »Gute Fahrt, Eckhart! Wir haben Dich wieder ins Hotel Maximilian’s einquartiert (Herz Emoji)«.
Eckhart Nickel: »15 Minuten Verspätung, und der Speisewagen ist ausgefallen (streng dreinblickender Smiley mit Schnurrbart und Brille)«.
Dr. B.: »Klingt super.«
Dr. Eckhart Nickel: »Klima funktioniert auch nicht …«
Einige Stunden später am Augsburger Hauptbahnhof
Dr. D. irrt über das Augsburger Bahnhofsgelände, das nun seit vielen Jahrzehnten Baustelle ist, um den berühmten Autor Eckhart Nickel standesgemäß in ihrem blau-grauen 190er Mercedes abzuholen, denn einem Mann von Format kann man keinen lächerlichen 3er BMW-Touring zumuten, wie ihn der Leiter des örtlichen Literaturhauses fährt. Selbstverständlich hat Dr. Ds. Mercedes keine Klimaanlage. Was sie dazu nötigte, die ganze Strecke von Maikammer nach Augsburg im Bustier zurückzulegen. Lüsterne Blicke und frivoles Hupen goutierte Dr. D. mit dem rechten Mittelfinger, das lange Haar wehte im Wind. Gut sah sie aus! Der EC, in dem der Autor hatte schwitzen müssen, kam endlich nach 45 Minuten Verspätung in Augsburg an, und Dr. D. raste mit Eckhart Nickel vorbei an Buden (»Kartoffel & Ich«), die gerade für das Stadtfest aufgebaut wurden, schließlich doch noch zum Hotel Maximilian’s – dem ersten Haus am Platze.
Im Oh Boi in der Ludwigstraße
Langsam füllte sich der festlich dekorierte Saal im Oh Boi, einer Bar, in der sich jedes Wochenende Unbeschreibliches ereignet, mit Fans von Eckhart Nickel. Sofort wurde er, als er um die Ecke bog, von einer Menschentraube umstellt und zu Selfies genötigt. Ein junger Mann mit Vollbart trug einen übergroßen Anzug und eine beeindruckende Sonnenbrille, die er während der gesamten Veranstaltung kein einziges Mal abnahm. Wie in ARD und ZDF angekündigt, begann der in weiße Shorts, Chucks und ein rotes Neoprenoberteil gekleidete Autor seine Lesung pünktlich um 19.27 Uhr, indem er unter tosendem Applaus aus der Küche auf die Bühne sprang: »Ein kleiner Hupf, und er war endlich da.«
Nachdem sich die Menge endlich beruhigt hatte – Dr. B. musste mit Schlägen drohen – begann Eckhart Nickel aus seinem verschollenen Erzählband Was ich davon halte vorzulesen. I wo! Eckhart Nickel liest nicht einfach vor. Er lebt seine Geschichten! Er wird Teil der Erzählung, verwandelt sich in seinen Antihelden Caesar, eine vom deutschen Kulturbetrieb gebrochene, lächerlich-liebenswerte und traurige Gestalt. Er durchlebt eine kurze Episode des Größenwahns, wenn er, der große Schauspieler, in der Tram auf dem Weg zum Theater sitzt und über die Ahnungslosen und Kunstfernen lacht. Er leidet, wenn ihn weder der Pförtner erkennt, noch irgendjemand sonst. Dazwischen liest er süffisant aus Ablehnungsschreiben für Stellen und Stipendien vor, auf die sich der Autor in den 90er Jahren beworben hatte: »Leider müssen wir Ihnen mitteilen, Herr Eckhart Nickel, dass wir Sie dieses Mal für die Stelle als Lektor leider nicht berücksichtigen konnten.
Unser Bescheid sagt überhaupt rein gar nichts über Ihre Qualität als Künstler aus, und wir wollen Ihnen alles erdenklich Gute für Ihren weiteren künstlerischen Werdegang wünschen und dankeschön!« Das Publikum tobte, nicht nur wegen des exzellenten Vortrags, den Eckhart Nickel unter Einsatz seines gesamten Körpers unterstrich, sondern auch, weil langsam alle vom extra für seinen Besuch kreierten Drink »B-Sides & Rarities« beschwipst waren. Die Sommerinfusion, den Barlegende Gökhi und Dr. B. in aufopferungsvoller, möglicherweise leicht übertriebener, Selbsthingabe zwei Tage zuvor aus dem Nichts erschaffen und tollkühn getestet hatten, enthielt den Augsburger August-Gin, Zitrone, Orange, Sirup und Eiweiß. Leider verursachten bereits sieben Gläser davon schwere Kopfschmerzen, die Dr. B. trotz seines jugendlichen Elans nicht so einfach wegzustecken vermochte.
Nach der vierstündigen Lesung, die wie im Flug vergangen war, verwandelte sich Nickel in einen DJ und legte Platten auf. Neben dem Frankfurter Gott Haftbefehl spielte er natürlich Blondie und war voll und ganz in seinem Element. Sein Outro von Blondie und Philip Glass »Heart of Glass« im Crabtree Remix fasste alles Geschehene irgendwie zusammen. Der Abend enthielt im Microformat alles, was das Leben so bietet: Tragisches, Lustiges, Ernstes, Albernes, Peinliches und Tiefsinniges. Mit einem melancholischen, aber letztendlich leichten Augenzwinkern. “Aber genug. Wir lassen den Vorhang sich sanft schließen. ”Das ist Popliteratur. Eigentlich ist es einfach nur gute Literatur. Warum überhaupt die Unterscheidung zwischen Popliteratur und Literatur? Wir hoffen ja, dass sie eines Tages nicht mehr notwendig sein wird. Bis dahin machen wir einfach weiter.
Weit nach mindestens 4 Uhr nachts vor dem Oh Boi
Dr. B. zu Dr. D., die inzwischen ein echtes Oberteil anhatte, und zur ewigen Literaturhauspraktikantin Lisa S.: Ich muss unbedingt etwas essen!” Lisa S.: »Was hat denn noch offen?« Dr. B.: »Das Sternerestaurant Sartory in der Maximilianstraße natürlich!« Sie gingen los und begegneten dort zufällig Eckhart Nickel, der, als Dr. B. das Oh Boi verließ, ganz sicher noch hinter den Turntables Platten aufgelegt hatte. Dr.B.: »Du hier? Aber, ich hätte schwören können …!« Dr. Eckhart Nickel: »Zwei vegetarische Whopper, bitte, und für meinen besten Freund hier auch. Danke sehr!«
Es war wie immer schön mit Dir, Eckhart. Und vor allem mit Euch. Danke fürs Kommen! Bis bald.